Agrippina ist die erste bedeutende Kölnerin, von der wir wissen, und hat ein sehr bewegtes Leben gehabt, das nicht ohne Einfluß auf ihren Geburtsort, damals noch Oppidum Ubiorum – Stadt der Ubier – genannt, blieb. Sie hat wohl nur drei oder vier Jahre hier verbracht, ehe ihre Mutter sie mit nach Rom nahm.
Schon mit zwölf galt ein Mädchen bei den Römern als heiratsfähig. Der Stand der Ehelosigkeit war für Frauen verpönt. Und so ist es nicht weiter verwunderlich, daß auch Agrippina nach ihrem 13. Lebensjahr verheiratet wurde, und zwar mit dem etwa dreißig Jahre älteren und entfernt mit ihr verwandten Domitius Ahenobarbus. Dabei handelte es sich mit ziemlicher Sicherheit nicht gerade um eine Liebesheirat. Nach neun Jahren Ehe bekam sie einen Sohn. Man sollte nun meinen, daß der Vater darüber hocherfreut gewesen wäre. Der Geschichtsschreiber Tacitus, der allerdings rund hundert Jahre nach Agrippina gelebt hat und deshalb dies alles auch nur aus Erzählungen anderer kannte, berichtet jedoch, Domitius Ahenobarbus habe gesagt, daß aus einer Beziehung zwischen ihm und seiner Frau kein anständiger Mensch hervorgehen könne.
Im Jahr 37 gelangte Agrippinas Bruder Caligula an die Macht und überhäufte in der Folge Agrippina und ihre beiden Schwestern mit Ehrungen. Unter anderem wurden sie zu Vestalinnen erhoben, was für viele Römer ein Skandal war, da von den Vestalinnen Tugendhaftigkeit und Jungfräulichkeit verlangt wurden. Nicht nur, daß Agrippina keine Jungfrau mehr, sondern verheiratet und Mutter war. Was ihre Moral betraf, so stand sie wohl generell nicht gerade im besten Ruf. Und ausgerechnet eine solche Frau wurde zur Vestalin erhoben! Doch damit nicht genug: die drei Schwestern wurden außerdem in den Eid, die Gelübde und Opfer der Soldaten und Magistrate aufgenommen, so daß diese auch ihnen gegenüber eine Verpflichtung hatten – so etwas hatte es noch nie gegeben! Darüberhinaus ließ Caligula seine Schwestern auf der Rückseite römischer Münzen als Göttinnen darstellen.
Aber schon im Jahr 39 kam erst einmal das jähe Ende: Agrippina wurde angeklagt, einen Komplott gegen ihren Bruder geschmiedet zu haben, und zur Strafe auf die pontischen Inseln verbannt. Außerdem wurde ihr nicht unbeträchtliches Vermögen eingezogen. Ursache für die Verschwörung war der immer deutlicher zu Tage tretende Wahnsinn Caligulas. Da nach römischem Recht ein Kaiser nicht abgesetzt werden konnte, blieb nur ein Mittel übrig: Mord. Doch das Komplott wurde entdeckt und Agrippina verurteilt.
Eigentlich hätte man erwarten können, daß die Verbannung ihr politisches und gesellschaftliches Ende bedeuten würde. Aber 41 wurde Caligula doch noch ermordet, und Claudius, ihr Onkel und neuer Kaiser Roms, holte sie noch im selben Jahr zurück und erstattete ihr Vermögen zurück. Da ihr erster Mann inzwischen verstorben war, heiratete sie nun erneut, und zwar Passienus Crispus, einen Konsul und Millionär, der schon bald verstarb (böse Zungen behaupten, sie sei daran nicht ganz unschuldig gewesen . . .) und ihr ein großes Vermögen hinterließ. Da der Witwenstand als unerwünscht galt, sah Agrippina sich nach einem neuen Mann um. Dabei fiel ihr Auge auf ihren Onkel Claudius, der selber zu dieser Zeit Witwer war, da seine auf Grund ihrer Ausschweifungen bei fast allen verhaßte Frau Messalina von seinen eigenen Vertrauten umgebracht worden war.
Claudius war jedoch Agrippinas Onkel, und eine Heirat somit auch nach römischem Recht ausgeschlossen. Da der Kaiser einer Heirat mit seiner Nichte allerdings nicht abgeneigt war, erwies es sich als ein leichtes, per Senatsbeschluß eine entsprechende Gesetzesänderung zu erwirken.
Im Jahr 49 heirateten die beiden. Agrippina hatte damit die höchste Position erreicht, die eine römische Frau erreichen konnte: sie war Kaiserin. Allerdings existierte diese Stellung, rechtlich gesehen, gar nicht. Rechtlich war sie nur die Frau des Kaisers, der zwar gewisse Ehrungen zukamen, die aber im Staat und in der Politik nichts zu sagen und keinerlei Aufgaben hatte. Aufgrund ihres enormen Ehrgeizes gelang es ihr trotzdem schon bald, ihre eigentlich machtlose Rolle mit Privilegien und Sonderrechten zu festigen, wie sie vor ihr noch keiner Frau im römischen Reich je zugestanden worden waren. Sie nahm den Titel “Augusta” an, der ein Beiname der Göttin Juno war und noch nie zuvor einer lebenden Frau verliehen worden war. Sie nahm das Recht für sich in Anspruch, mit Wagen und Schiffen fahren zu dürfen, obwohl Wagenfahrten innerhalb der Stadt nur den Vestalinnen erlaubt waren. Ihr Porträt war auf römischen Münzen zu sehen, ein Privileg, das man vorher nur bereits verstorbenen Frauen zuerkannt hatte. Eine Ehrenwache der Prätorianer war für ihren Schutz zuständig, u. s. w.
Ein Chronist berichtet, daß sich ihr schließlich niemand mehr entgegenzustellen gewagt habe, da sie größere Macht als Claudius selbst besessen habe. Auch trat Claudius in der Öffentlichkeit stets gemeinsam mit Agrippina auf, und bei vielen Beschlüssen, die im Senat gefaßt wurden, wußte im Grunde jeder, daß die Anregungen dazu von ihr gekommen waren.
Schließlich verschaffte sie im Jahr 50 ihrem Geburtsort das römische Stadtrecht und verlieh ihm sogar ihren Namen, was von den Machtbefugnißsen her auch nach außen hin eine Gleichstellung mit ihrem Mann bedeutete. Die Benennung von Städten nach Frauen war zwar aus dem hellenistischen Bereich bekannt, bei den Römern aber nicht üblich. Und hier wurde nicht etwa irgendeiner Stadt, sondern einer römische Kolonie, einem Abbild Roms im Kleinen, der Name einer Frau verliehen! Köln durfte sich von da an “Colonia Claudia Ara Agrippinensium” – “Claudische Kolonie mit einem Altar der Agrippinenser” – nennen.
Schließlich schaffte Agrippina es auch noch, daß ihr eigener Sohn aus erster Ehe, L. Domitius Ahenobarbus, der unter dem Namen Nero bekannt (und berüchtigt) werden sollte, als Thronfolger dem Sohn des Claudius, Britannicus, vorgezogen wurde.
Das ist um so erstaunlicher, als es eigentlich für Claudius keinen vernünftigen Grund gab, sich diesem Wunsch Agrippinas zu beugen. Nero war nur vier Jahre älter als Britannicus und bot auch von seiner Persönlichkeit her keinerlei Vorzüge. Eher im Gegenteil. Trotzdem adoptierte Claudius Nero sogar. Britannicus hingegen wurde völlig in den Hintergrund gedrängt.
Übrigens scheint sich Agrippina schon zu diesem Zeitpunkt des problematischen und brutalen Charakters Neros bewußt gewesen zu sein, hoffte aber wohl noch, ihn beherrschen zu können.
Wie man sich vorstellen kann, war nicht jeder begeistert von dem Entschluß des Kaisers, und es gab auch Versuche, ihn umzustimmen. Als einer dieser Vorstöße im Jahr 54 Erfolg zu zeigen begann, handelte Agrippina, wenn man der Darstellung von Tacitus glauben darf, schnell. Mit Hilfe Lucustas, einer berüchtigten Giftmischerin, ließ sie Claudius umbringen. Das war allerdings nicht ganz so einfach, denn Claudius hatte das präparierte Pilzgericht zu hastig hinuntergeschlungen und deshalb erbrochen. Die im Körper verbliebene Giftmenge reichte nicht mehr, um ihn zu töten. Da half der rasch hinzugezogene Leibarzt mit einer vergifteten Pfauenfeder nach, die er in den Hals des Kaisers einführte, angeblich, um einen weiteren Brechanfall herbeizuführen.
Es gilt allerdings als umstritten, ob diese Darstellung des Tacitus den Tatsachen entspricht und Agrippina tatsächlich Schuld am Tod ihres Mannes trägt.
Bei der Übernahme der Staatsgeschäfte durch Nero gab es keinerlei Probleme. Die erste Losung, die er seinen Prätorianern gab, lautete “Optima mater!” (“Die beste Mutter!”). Agrippina wurde sogar zur Priesterin des vergöttlichten Claudius erhoben. Und so sind Agrippina und Nero als viertes Porträtpaar zu sehen.
Die ersten anderthalb Jahre scheint nun Agrippina die beherrschende Rolle gespielt zu haben, denn der bei der Amtsübernahme erst 17 Jahre alte Nero war offensichtlich zu diesem Zeitpunkt weder bereit noch in der Lage, die ganze Last seines Amtes zu tragen. So sieht man auch bei den offiziellen Reichsmünzen dieser Zeit auf der Vorderseite ein Doppelporträt von Mutter und Sohn mit der Inschrift Agrippina Aug. divi Claud., Neronis Caes. mater. Die Bennennung Agrippinas mit dem Ehrentitel Augusta gegenüber dem simplen Caesar bei Nero kann als Zeichen ihrer Dominanz interpretiert werden.
Senatssitzungen fanden nun im Palast statt, wo Agrippina zumindest hinter einem Vorhang verborgen den Verhandlungen folgen konnte. So konnte sie die Staatsgeschäfte führen, ohne nach außen hin die Grenzen der Schicklichkeit gänzlich zu überschreiten.
Man kann sich sicher unschwer vorstellen, daß viele Römer aber auch massive Probleme mit diesem “Frauenregiment” hatten. Die Folge war, daß versucht wurde, Agrippina aus ihrer mühsam erkämpften Machtposition zu drängen.
Auch Seneca, der Lehrer Neros, drängte seinen Schüler, sich vom Einfluß der Mutter zu emanzipieren. Mit Erfolg, denn schon 55 kam es zum Bruch zwischen Mutter und Sohn. Als die empörte Agrippina daraufhin drohte, Britannicus zum Gegenspieler Neros aufzubauen, reagierte der so, wie die Geschichte (und vielleicht auch seine Mutter?) es ihn gelehrt hatten: er ließ Britannicus ermorden. Agrippina selber wurde nun auch äußerlich aus dem Kreis der Macht entfernt: sie mußte in einen anderen Palast umziehen.
Über die letzten vier Lebensjahre Agrippinas ist wenig bekannt. Es gibt Gerüchte, daß sie noch ein letztes Mal versucht haben soll, Nero an sich zu binden, und zwar durch ein inzestuöses Verhältnis.
Wie dem auch sei, 59 versuchte Nero, seine Mutter endgültig loszuwerden. Er griff dabei unter anderem zu einer recht bizarren Methode. Er ließ ein Schiff bauen, das gewissermaßen “auf Knopfdruck” mitten auf dem Meer in zwei Teile zerfallen und direkt sinken sollte. Dank eines technischen Fehlers überlebte Agrippina. Weitere Mordversuche, die alle nach Unfällen aussehen sollten, folgten, schlugen aber ebenso fehl. Schließlich griff Nero zu einer konventionelleren Methode. Agrippinas Villa wurde umstellt und Neros Soldaten töteten sie in ihrem Schlafzimmer mit dem Schwert. Dabei soll sie ihnen mit den Worten: “Triff den Leib!” (der Nero geboren hatte) den Bauch zugewendet haben. Ihr Andenken wurde daraufhin von Nero offiziell verflucht, ihr Geburtstag zum Unglückstag erklärt. Allerdings hatte er seinem eigenen Ansehen dadurch erheblich Schaden zugefügt, daß er sich nun den Vorwurf gefallen lassen mußte, eines der schlimmsten denkbaren Verbrechen begangen zu haben: den Muttermord.
Im Jahr 37 gelangte Agrippinas Bruder Caligula an die Macht und überhäufte in der Folge Agrippina und ihre beiden Schwestern mit Ehrungen. Unter anderem wurden sie zu Vestalinnen erhoben, was für viele Römer ein Skandal war, da von den Vestalinnen Tugendhaftigkeit und Jungfräulichkeit verlangt wurden. Nicht nur, daß Agrippina keine Jungfrau mehr, sondern verheiratet und Mutter war. Was ihre Moral betraf, so stand sie wohl generell nicht gerade im besten Ruf. Und ausgerechnet eine solche Frau wurde zur Vestalin erhoben! Doch damit nicht genug: die drei Schwestern wurden außerdem in den Eid, die Gelübde und Opfer der Soldaten und Magistrate aufgenommen, so daß diese auch ihnen gegenüber eine Verpflichtung hatten – so etwas hatte es noch nie gegeben! Darüberhinaus ließ Caligula seine Schwestern auf der Rückseite römischer Münzen als Göttinnen darstellen.
Aber schon im Jahr 39 kam erst einmal das jähe Ende: Agrippina wurde angeklagt, einen Komplott gegen ihren Bruder geschmiedet zu haben, und zur Strafe auf die pontischen Inseln verbannt. Außerdem wurde ihr nicht unbeträchtliches Vermögen eingezogen. Ursache für die Verschwörung war der immer deutlicher zu Tage tretende Wahnsinn Caligulas. Da nach römischem Recht ein Kaiser nicht abgesetzt werden konnte, blieb nur ein Mittel übrig: Mord. Doch das Komplott wurde entdeckt und Agrippina verurteilt.
Eigentlich hätte man erwarten können, daß die Verbannung ihr politisches und gesellschaftliches Ende bedeuten würde. Aber 41 wurde Caligula doch noch ermordet, und Claudius, ihr Onkel und neuer Kaiser Roms, holte sie noch im selben Jahr zurück und erstattete ihr Vermögen zurück. Da ihr erster Mann inzwischen verstorben war, heiratete sie nun erneut, und zwar Passienus Crispus, einen Konsul und Millionär, der schon bald verstarb (böse Zungen behaupten, sie sei daran nicht ganz unschuldig gewesen . . .) und ihr ein großes Vermögen hinterließ. Da der Witwenstand als unerwünscht galt, sah Agrippina sich nach einem neuen Mann um. Dabei fiel ihr Auge auf ihren Onkel Claudius, der selber zu dieser Zeit Witwer war, da seine auf Grund ihrer Ausschweifungen bei fast allen verhaßte Frau Messalina von seinen eigenen Vertrauten umgebracht worden war.
Claudius war jedoch Agrippinas Onkel, und eine Heirat somit auch nach römischem Recht ausgeschlossen. Da der Kaiser einer Heirat mit seiner Nichte allerdings nicht abgeneigt war, erwies es sich als ein leichtes, per Senatsbeschluß eine entsprechende Gesetzesänderung zu erwirken.
Im Jahr 49 heirateten die beiden. Agrippina hatte damit die höchste Position erreicht, die eine römische Frau erreichen konnte: sie war Kaiserin. Allerdings existierte diese Stellung, rechtlich gesehen, gar nicht. Rechtlich war sie nur die Frau des Kaisers, der zwar gewisse Ehrungen zukamen, die aber im Staat und in der Politik nichts zu sagen und keinerlei Aufgaben hatte. Aufgrund ihres enormen Ehrgeizes gelang es ihr trotzdem schon bald, ihre eigentlich machtlose Rolle mit Privilegien und Sonderrechten zu festigen, wie sie vor ihr noch keiner Frau im römischen Reich je zugestanden worden waren. Sie nahm den Titel “Augusta” an, der ein Beiname der Göttin Juno war und noch nie zuvor einer lebenden Frau verliehen worden war. Sie nahm das Recht für sich in Anspruch, mit Wagen und Schiffen fahren zu dürfen, obwohl Wagenfahrten innerhalb der Stadt nur den Vestalinnen erlaubt waren. Ihr Porträt war auf römischen Münzen zu sehen, ein Privileg, das man vorher nur bereits verstorbenen Frauen zuerkannt hatte. Eine Ehrenwache der Prätorianer war für ihren Schutz zuständig, u. s. w.
Ein Chronist berichtet, daß sich ihr schließlich niemand mehr entgegenzustellen gewagt habe, da sie größere Macht als Claudius selbst besessen habe. Auch trat Claudius in der Öffentlichkeit stets gemeinsam mit Agrippina auf, und bei vielen Beschlüssen, die im Senat gefaßt wurden, wußte im Grunde jeder, daß die Anregungen dazu von ihr gekommen waren.
Schließlich verschaffte sie im Jahr 50 ihrem Geburtsort das römische Stadtrecht und verlieh ihm sogar ihren Namen, was von den Machtbefugnißsen her auch nach außen hin eine Gleichstellung mit ihrem Mann bedeutete. Die Benennung von Städten nach Frauen war zwar aus dem hellenistischen Bereich bekannt, bei den Römern aber nicht üblich. Und hier wurde nicht etwa irgendeiner Stadt, sondern einer römische Kolonie, einem Abbild Roms im Kleinen, der Name einer Frau verliehen! Köln durfte sich von da an “Colonia Claudia Ara Agrippinensium” – “Claudische Kolonie mit einem Altar der Agrippinenser” – nennen.
Schließlich schaffte Agrippina es auch noch, daß ihr eigener Sohn aus erster Ehe, L. Domitius Ahenobarbus, der unter dem Namen Nero bekannt (und berüchtigt) werden sollte, als Thronfolger dem Sohn des Claudius, Britannicus, vorgezogen wurde.
Das ist um so erstaunlicher, als es eigentlich für Claudius keinen vernünftigen Grund gab, sich diesem Wunsch Agrippinas zu beugen. Nero war nur vier Jahre älter als Britannicus und bot auch von seiner Persönlichkeit her keinerlei Vorzüge. Eher im Gegenteil. Trotzdem adoptierte Claudius Nero sogar. Britannicus hingegen wurde völlig in den Hintergrund gedrängt.
Übrigens scheint sich Agrippina schon zu diesem Zeitpunkt des problematischen und brutalen Charakters Neros bewußt gewesen zu sein, hoffte aber wohl noch, ihn beherrschen zu können.
Wie man sich vorstellen kann, war nicht jeder begeistert von dem Entschluß des Kaisers, und es gab auch Versuche, ihn umzustimmen. Als einer dieser Vorstöße im Jahr 54 Erfolg zu zeigen begann, handelte Agrippina, wenn man der Darstellung von Tacitus glauben darf, schnell. Mit Hilfe Lucustas, einer berüchtigten Giftmischerin, ließ sie Claudius umbringen. Das war allerdings nicht ganz so einfach, denn Claudius hatte das präparierte Pilzgericht zu hastig hinuntergeschlungen und deshalb erbrochen. Die im Körper verbliebene Giftmenge reichte nicht mehr, um ihn zu töten. Da half der rasch hinzugezogene Leibarzt mit einer vergifteten Pfauenfeder nach, die er in den Hals des Kaisers einführte, angeblich, um einen weiteren Brechanfall herbeizuführen.
Es gilt allerdings als umstritten, ob diese Darstellung des Tacitus den Tatsachen entspricht und Agrippina tatsächlich Schuld am Tod ihres Mannes trägt.
Bei der Übernahme der Staatsgeschäfte durch Nero gab es keinerlei Probleme. Die erste Losung, die er seinen Prätorianern gab, lautete “Optima mater!” (“Die beste Mutter!”). Agrippina wurde sogar zur Priesterin des vergöttlichten Claudius erhoben. Und so sind Agrippina und Nero als viertes Porträtpaar zu sehen.
Die ersten anderthalb Jahre scheint nun Agrippina die beherrschende Rolle gespielt zu haben, denn der bei der Amtsübernahme erst 17 Jahre alte Nero war offensichtlich zu diesem Zeitpunkt weder bereit noch in der Lage, die ganze Last seines Amtes zu tragen. So sieht man auch bei den offiziellen Reichsmünzen dieser Zeit auf der Vorderseite ein Doppelporträt von Mutter und Sohn mit der Inschrift Agrippina Aug. divi Claud., Neronis Caes. mater. Die Bennennung Agrippinas mit dem Ehrentitel Augusta gegenüber dem simplen Caesar bei Nero kann als Zeichen ihrer Dominanz interpretiert werden.
Senatssitzungen fanden nun im Palast statt, wo Agrippina zumindest hinter einem Vorhang verborgen den Verhandlungen folgen konnte. So konnte sie die Staatsgeschäfte führen, ohne nach außen hin die Grenzen der Schicklichkeit gänzlich zu überschreiten.
Man kann sich sicher unschwer vorstellen, daß viele Römer aber auch massive Probleme mit diesem “Frauenregiment” hatten. Die Folge war, daß versucht wurde, Agrippina aus ihrer mühsam erkämpften Machtposition zu drängen.
Auch Seneca, der Lehrer Neros, drängte seinen Schüler, sich vom Einfluß der Mutter zu emanzipieren. Mit Erfolg, denn schon 55 kam es zum Bruch zwischen Mutter und Sohn. Als die empörte Agrippina daraufhin drohte, Britannicus zum Gegenspieler Neros aufzubauen, reagierte der so, wie die Geschichte (und vielleicht auch seine Mutter?) es ihn gelehrt hatten: er ließ Britannicus ermorden. Agrippina selber wurde nun auch äußerlich aus dem Kreis der Macht entfernt: sie mußte in einen anderen Palast umziehen.
Über die letzten vier Lebensjahre Agrippinas ist wenig bekannt. Es gibt Gerüchte, daß sie noch ein letztes Mal versucht haben soll, Nero an sich zu binden, und zwar durch ein inzestuöses Verhältnis.
Wie dem auch sei, 59 versuchte Nero, seine Mutter endgültig loszuwerden. Er griff dabei unter anderem zu einer recht bizarren Methode. Er ließ ein Schiff bauen, das gewissermaßen “auf Knopfdruck” mitten auf dem Meer in zwei Teile zerfallen und direkt sinken sollte. Dank eines technischen Fehlers überlebte Agrippina. Weitere Mordversuche, die alle nach Unfällen aussehen sollten, folgten, schlugen aber ebenso fehl. Schließlich griff Nero zu einer konventionelleren Methode. Agrippinas Villa wurde umstellt und Neros Soldaten töteten sie in ihrem Schlafzimmer mit dem Schwert. Dabei soll sie ihnen mit den Worten: “Triff den Leib!” (der Nero geboren hatte) den Bauch zugewendet haben. Ihr Andenken wurde daraufhin von Nero offiziell verflucht, ihr Geburtstag zum Unglückstag erklärt. Allerdings hatte er seinem eigenen Ansehen dadurch erheblich Schaden zugefügt, daß er sich nun den Vorwurf gefallen lassen mußte, eines der schlimmsten denkbaren Verbrechen begangen zu haben: den Muttermord.
Text: © Yvonne Plum
Kölner Frauen – starke Frauen
Ein überraschender Ausflug in die Vergangenheit – nicht nur für Frauen!
Entgegen allgemeiner Vorstellungen beeinflussten Frauen auch schon von der Römerzeit bis ins 19. Jahrhundert die Stadtgeschichte. Die Führung gewährt Einblicke in den weiblichen Teil der 2000-jährigen Stadthistorie, der in den Geschichtsbüchern bis heute meist zu kurz kommt. Denn wer hätte schon gewusst, warum Kaiserin Agrippina Köln zur Stadt erheben ließ, wie die Hexenverfolgung hier ablief oder dass Köln die einzige mittelalterliche Stadt war, in der es Frauenzünfte gab?
Max. 25 Teilnehmer
Dauer: ca. 1,5 Std.
Treffpunkt: Zeughaus (ehem. Kölnisches Stadtmuseum), Zeughausstraße 1-3
Gruppenpreis: € 205,-
Diese Veranstaltung (Kölner Frauen) anfragen oder buchen