MarionMarion's Opernkritik
Opernhaus Köln: Tristan und Isolde

von Marion Wolff

 



Richard Wagner: Tristan und Isolde

Also, ich bin ja für fast jeden Blödsinn zu haben, aber was mir da letztens passiert ist, das glaubt mir kein Mensch, das kann ich selber kaum glauben. Eigentlich wollte ich gerade los zu meiner Tante auf ihren Geburtstag, da ruft die an und sagt, sie habe es sich anders überlegt, sie würde mich gerne in die Oper einladen, da gäb's den Tristan von Wagner, den fänd sie ja sooo toll. Das ansich ist ja noch kein Skandal, de gusto non disputandum. Jetzt weiß jeder, ich kann Latein.

Aber das wollte ich ja gar nicht erzählen. Es war die Aufführung, die mich so irritiert hat. Wie können sich Menschen nur so anstellen, das kapier ich nicht.

Es muß wohl einen Krieg gegeben haben zwischen Irland und Kornwall. Die aus Kornwall haben gewonnen. Also soll deren König, das ist 'ne Marke und der heißt auch so, eine irische Prinzessin namens Isolde heiraten. Das jedenfalls ist die Idee vom tapferen Tristan, dem Neffen von König Marke. Und damit fängt das ganze Elend an. Der Tristan kennt die Isolde schon von früher. Isolde ist nämlich nicht nur Prinzessin, sondern auch so 'ne Art Heilpraktikerin. Zu der ist der Tristan mal gegangen, als es ihm nach einem Schwertkampf ziemlich dreckig ging. Nur, was die Isolde damals nicht wußte, die Verletzungen hatte ihr Patient von ihrem, also Isoldes, Verlobten, den der Tristan im Zweikampf erschlagen hatte. Als die das rauskriegt, ist sie erst mal stinksauer. Verständlich, daß wär ich auch, wenn einer meinen Typ um die Ecke bringt, da müßte der Mörder meines Liebsten schon ein Supertyp sein, damit ich so was verschmerzen könnte. Und so ähnlich muß das beim Tristan auch gewesen sein, denn die Isolde macht ihn gesund und Tristan ihr ein Eheversprechen. Und jetzt besitzt der Kerl die Frechheit, bei ihr aufzutauchen und ihr zu sagen, daß sie seinen alten Onkel Marke heiraten soll. Das ist für die arme Isolde zuviel. Während der Seefahrt nach England überlegt Isolde, wie sie es dem Treulosen heimzahlen kann. Da kommt ihr eine Idee. Brangäne, ihre Zofe oder so ähnlich, versteht sich ausgezeichnet auf das Brauen, nein nicht unbedingt von Bier, aber von geheimnisvollen Getränken. Sie soll für Isolde einen Giftcocktail mixen, mit dem sie sich und den elenden Verräter Tristan um die Ecke bringen will. Doch die Brangäne, gar nicht dumm, mixt kein Gift sondern so was wie Viagra in den Trank. Die Wirkung bleibt nicht aus.

Als die ganze Sippe in Kornwall ankommt, werden sie von König Marke und seinen Leuten freudig begrüßt. Der arme Alte weiß ja noch gar nicht, was für ein Drama da auf ihn zukommt. Schuld an allem ist nämlich dieser blöde Liebestrank. Der hat so 'ne starke Wirkung. Und deshalb treffen sich Tristan und Isolde immer wieder heimlich zum Techtelmechtel und singen, was das Zeug hält. Die Musik ist gar nicht so übel, das berühmte Liebesduett hat mir fast besser gefallen als so mancher andere Schlager der volkstümlichen Musik. Und das Orchester hat auch wieder klasse gespielt, dieser Runnicles ist schon genial - voll cool, wie meine Pänz sagen, echt geile Nummer, im wahrsten Sinne des Wortes. Im Gegensatz zu der Superstimmung im Orchestergraben ging es auf der Bühne wirklich cool zu. Ich hab immer gedacht, so ein Märchen mit allem Drum und Dran, mit Liebe, Leidenschaft, Herz und Schmerz, da sollte es doch schön bunt zugehen. Aber schade, es gab nicht mal richtige Kostüme. Die Sänger hatten alle langweile schwarze Klamotten an, standen auf 'ner schwarzen Bühne und um sie 'rum war auch alles Schwarz. Selbst die Brangäne heißt mit bürgerlichem Namen Schwarz, Hanna Schwarz. Für die sah es sowieso auch ganz schwarz aus, der blieb nämlich bei der Premiere glatt die Stimme weg. Auch den Tristan fand ich nicht so toll, in den hätte ich mich ganz sicher nicht verknallt. Dabei ist der Siegfried Jerusalem ein ganz großer Star, der sogar beim echten Wagner in Bayreuth singt . Da wollte ich immer schon mal hin, auf den grünen Hügel, aber jetzt, nachdem ich 5 Stunden rumgessen und immer nur Schwarz gesehen habe, ich bin mir nicht mehr sicher. Aber zurück nach Köln und seiner Opernbühne...

Wie man sich ja denken kann, geht so 'ne Heimlichtuerei selten lange gut. So auch im Fall von Tristan und Isolde. Auch hier wieder ein "fieser Möpp", König Markes Diener Melot, der die beiden an seinen Herrn verpetzt. Mitten im schönsten Flirt taucht da also König Marke mit den Bediensteten Melot, Brangäne und Kurwenal auf. Das ganze ist jetzt furchtbar peinlich, Tristan denkt nur noch ans Abhauen und will die Isolde mitnehmen. Armer Tristan, als hätte er nicht schon genug mitgemacht, jetzt verpaßt ihm der blöde Melot noch ein paar ordentliche Blessuren.

Aber damit ist die Story noch immer nicht zu Ende. Kurnewal, der treue Diener von Tristan, ist ganz schön traurig. Seinem Herrn geht es überhaupt nicht gut. Der hängt da in seinem Stuhl und ist total im Fieberwahn. Warum kommt die Isolde nicht endlich, die könnte ihren Lover doch noch mal gesundmachen, genau wie damals in Irland. Aber als sie dann endlich auftaucht, ist es zu spät. Tristan ist hinüber und mit ihm offenbar alle Illusionen von Zweisamkeit, die Isolde jemals hatte. Zu spät auch für König Marke, dem Brangäne mittlerweile alles über den Liebestrank gebeichtet hat und der eigentlich gekommen war, um dem Tristan zu sagen, daß er Isolde haben kann. Kurnewal ist total sauer auf Melot, weil der den Tristan auf den Gewissen hat und macht ihn alle. Isolde hängt am Ende völlig frustiert über'm Tisch, so ähnlich wie ich, wenn ich mal wieder drei Stunden für meine Familie gekocht habe und keiner hat mehr Hunger. Da frag ich mich wirklich, muß das mit der Liebe denn immer so kompliziert sein?



Opernkritik: Der Freischütz
Opernkritik: Rheingold
Opernkritik: Die tote Stadt
Opernkritik: La Bohème
Theater in Köln
CologneWeb Homepage