Opernhaus Köln: Carl Maria von Weber - Der Freischütz von Marion Wolff
Also, am liebsten lese ich ja Liebesgeschichten. Und wenn ich die nicht kriegen kann, dann Krimis. Aber letztens war mir total langweilig und da habe ich überlegt, was ich machen könnte. Eine Freundin von mit meinte, ich solle doch mal in die Oper gehen. Da würde der "Freischütz" gespielt, das wäre ganz bestimmt was für mich. Oper? dachte ich so bei mir, da muß man sich ja sicher fein machen. Ich also in meinen Kleiderschrank gestarrt und erst mal 'ne Stunde lang nix gefunden. Die einen Sachen zu eng, die anderen zu salopp, der Rest zu feierlich. Doch schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen, hielt den Atem an und zog meinen Bauch ein - und siehe da, der Rock paßte wieder. Lange Bluse drüber, Reißverschluß nicht bis ganz nach oben ziehen und Mutters Tochter war stadtfein.
Und dann in der Oper, da war es so voll wie neulich auf der Osterkirmes in Deutz. Und noch teurer! Und was liefen da für Leute rum. Allein dafür hatte sich das Kommen ja schon gelohnt. Ich hatte schwer Schwein und 'nen ganz guten Platz im Parkett ergattert. Ausnahmsweise saß auch mal keiner vor mir, der wesentlich größer war als ich, also Oper durchaus auch für kleine Leute.
Dann ging's los. Schnell noch mal ordentlich gehustet, mit der Bonbontüte geraschelt und dann Ruhe bitte. Musik erklang, die Ouvertüre. Ordentlich gespielt und mit echt bekannten Schlagern. Kannte ich doch alles noch von meiner Oma. Sang die doch immer in der Wanne! Die Geschichte kannte ich, hatte allerdings vieles wieder vergessen. Meine Oma ist ja auch schon ziemlich lange tot. Ach so, ja, die Geschichte: Da kommt sein Kumpel Kaspar vorbei. Der sieht aus, als hätte er seit mindestens 6 Wochen kein Wasser mehr gesehen. Kamm und Bürste sind wohl auch Fremdwörter für den. Wahscheinlich ist der drogensüchtig, so wie der aussieht. Und tatsächlich, da dreht er dem völlig fertigen Max auch erst mal ne Pulle Bier an. Kurz darauf fangen sie an zu singen. Klar, ist ja auch ne Oper. Nachdem sie sich ausgesungen haben über das "irdsche Jammertal", zeigt der Kaspar dem Max seine Flinte und sagt, er solle doch mal da oben den Adler vom Himmel holen. Max ist ja schon ziemlich blöd, aber das geht wirklich zu weit. Kaspar aber läßt nicht locker und so hält der Max drauf und Bumm! Na so was, fällt ihm doch glatt so'n Geflügel auf den Kopf. Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen, denk Max, und recht hat er. Kaspar erzählt seinem Kumpel die Sachen mit den Freikugeln und überredet ihn, sich mit ihm um Mitternacht in der Wolfsschlucht zu treffen. Das ist ein finsterer Ort, wo sich kein normaler Mensch hintraut und schon gar nicht nachts. Und da wollen die zwei sich Freikugeln gießen, damit der Max das Probeschießen gewinnen kann und seine dralle Schönheit bekommt.
Die sitzt unterdessen im Forsthaus und läßt sich ein Bild auf den Kopf fallen. Gleich glaubt sie, das sei ein schlechtes Zeichen und fängt an zu jammern. Doch eine Verwandte von ihr, das Ännchen, die bei ihr ist, hat mit sowas nix am Hut. Stattdessen fragt sie die Agathe nach irgendwelchen Blumen, die ihr so ein Einsiedler gegeben hat. Die hat echt 'ne Menge Verehrer, die Agathe. Sie sieht aber auch wirklich zum Anbeißen aus, groß, mit viel Oberweite vom Singen, und richtig blond. Und singen kann die auch, und wie! Aber das Ännchen ist auch nicht schlecht. Halt ein ganz anderer Typ. Klein, frech und rothaarig, aber auch nicht verkehrt. Die sind noch nicht ganz fertig mit ihrer wichtigen Unterhaltung, da platzt der dicke Maxe wie ein aufgescheuchtes Huhn ins Forsthaus und faselt irgendwas von einem toten Hirsch in der Wolfsschlucht. Da wird den beiden Mädchen ganz Angst und bange. Sie bitten und betteln, daß er lieber da bleibe. Nützt aber nix, der Max knutscht kurz seine Agathe und ab die Post zu Kumpel Kaspar in die Wolfschlucht zum Kugelngießen. Da ist was los. Ich glaube, die vom Kölner Opernhaus haben erst kürzlich ne neue Nebelmaschine bekommen und die wird jetzt in jeder Vorstellung eingesetzt. Letztens bin ich bei Aida schon fast erstickt, als der del Monaco den Zuschauerraum komplett eingenebelt hat. Und jetzt macht der Homoki dasselbe. Dabei steht das doch total im Gegensatz zum momentanen Zeitgeist. "Emissionsreduktion" heißt es doch da so schön auf Neudeutsch, wir sollen also nicht so viel Dunst machen. Aber zurück zur Wolfsschlucht. Der Kaspar ist ne fiese Möpp und steht im Pakt mit dem Teufel. Dem hat er nämlich die Seele vom Max versprochen, um dafür sein jämmerliches Leben zu verlängern. Sieben Kugeln wollen die Jungs gießen, und zwei davon sollen den Max und seine Agathe treffen. So hat der Kaspar das mit dem Teufel Samiel ausgehandelt. Also Nebel total, der Opernchor als heulende Teufel, das Gürzenichorchester tobt und unter Blitz und Donner gießen die da ihre Freikugeln. Ist ganz nett, so ähnlich wie die Technoparty, auf die mich meine älteste Tochter letztens mitgeschleppt hat. Zwar nicht ganz so laut, aber so mit Lightshow und Nebel....
Endlich ist der Spuk vorbei und alles triftt sich zum Showdown. Die Jäger singen ihren berühmten Jägerchor und Max schießt, was das Zeug hält. Und er trifft sogar. Inzwischen sind die Brautjungfern bei Agathe im Forsthaus angekommen und singen ebenfalls, während sie die Braut feinmachen. Aber, oh Schreck, als Ännchen der Agathe die Brautkrone aufsetzen will, finden sie in der Hutschachtel einen Totenkranz. Gottseidank sind da ja aber noch die Rosen von Agathes frommem Verehrer, dem Einsiedler. Daraus binden sie flugs nen neuen Kranz, den sie der Agathe auf den Kopf setzen. Daß das die nicht piekst, Rosen haben doch Dornen. Doch die Agathe hat es eilig, und sie gehen rüber zu den Schützen. Gerade ist auch der Landesfürst Ottokar gekommen und fordert von dem Max jetzt den vielzitierten Probeschuß. Der legt an, schießt und Agathe fällt um. Der Schuß war nicht unbedingt gut plaziert. Aber wie es der Teufel Samiel will, die besagte Freikugel hat den üblen Kaspar erwischt, die Agathe war durch die rosen des frommen Einsiedlers nämlich geschützt. In dem allgemeinen Durcheinander gesteht Max den Anwesenden seine Missetaten, Kaspar stirbt ziemlich langsam vor sich hin und wird von den aufgebrachten Schützenbrüdern auf Anraten der Honoratioren in die Wolfsschlucht geworfen. Der Eremit, der sieht übrigens ähnlich aus wie mein Freund Manni, wenn der sich an Karneval wieder als INRI verkleidet hat, spielt den Schiedrichter und ermahnt alle noch einmal deutlich, dass jeder den Dreck vor seiner eigenen Türe fegen soll. Der Max hat noch mal schwer Schwein und erhält vom Landesfürsten ein Jahr auf Bewährung. Danach, so will es denn auch Erbförster als zukünftiger Schwiegervater, darf der Max dann seine Agathe heiraten. Was jetzt aber mit dem Ännchen ist, die wartet noch immer auf den schlanken Bursch, der gegangen kommt. Und wenn sie nicht gestorben ist, so wartet sie noch heute. Ich hab meinen Burschen gottseidank schon gefunden und schlank ist es auch immer noch. Der Freischütz - Libretto Opernkritik: Die tote Stadt Opernkritik: La Bohème Opernkritik: Der Freischütz Opernkritik: Tristan und Isolde Theater in Köln CologneWeb Homepage |