Ich wurde auf die Namen "Yvonne Patience" getauft. Den Namen "Yvonne" kannte meine Mutter von einer französischen Sängerin, die damals wohl recht populär war. Der Name "Patience" rührt daher, daß meine Mutter in den späten Monaten der Schwangerschaft zum Zeitvertreib gerne Patiencen legte. Es war Ende der 50er Jahre noch sehr ungewöhnlich, einem deutschen Kind ausländische Namen zu geben. Auch meiner Mutter legte man nach der Entbindung im Krankenhaus nahe, sich das doch noch einmal gründlich zu überlegen. Als gutes Beispiel wurde ihr eine Frau in einem Nachbarbett genannt, die ihrem Sohn den schönen Namen "Eustachius" geben wollte. Zum Glück ließen sich meine Eltern davon jedoch nicht beeindrucken und blieben bei ihrer Wahl, denn mein Vater, damals selber als Photograph tätig, war überzeugt, daß ich später einmal eine künstlerische Laufbahn einschlagen und dafür einen klangvollen Namen brauchen würde.

"Patience" bedeutet "Geduld". Dieser Name ist sowohl in Frankreich als auch im angelsächsischen Sprachraum anzutreffen. Dort ist es durchaus nichts ungewöhnliches, ein Kind, vor allem ein Mädchen, nach einer Tugend zu benennen. Obwohl mir die Bedeutung des Namens schon seit frühester Kindheit bekannt ist, habe ich mich niemals verpflichtet gefühlt, deswegen geduldiger zu sein als andere Menschen.

"Yvonne" ist die französische, weibliche Form von "Ivo". "Ivo" wiederum leitet sich von dem althochdeutschen Wort "iwa", d.h. "Bogen aus Eibenholz", ab, bedeutet also etwa "der Schütze mit dem Eibenholzbogen".

Bis vor kurzem war ich überzeugt, keinen Namenspatron, also auch keinen Namenstag zu haben. Das hat mich als Kind immer besonders geärgert, da mein Geburtstag am 28. Dezember sehr ungünstig liegt. Und dann hatte ich nicht einmal die Möglichkeit einer zweiten Chance für Geschenke an einem Namenstag! Inzwischen habe ich herausgefunden, daß es eigentlich sogar drei Namenspatrone für "Yvonne" gibt:

St. Ivo von Chartres

Er wurde um das Jahr 1040 bei Beuavais geboren. Er studierte in Paris und Bec, wurde Augustinermönch und um 1090 zum Bischof von Chartres ernannt. Er war Berater von König Philip, der ihn jedoch einige Zeit einkerkern ließ, weil er sich 1092 seinen Plänen widersetzt hatte, sich von seiner Frau Bertha zu trennen und statt dessen eine Ehe mit Bertrade von Anjou einzugehen. Als gelernter Jurist schrieb Ivo das "Decretum", das zu dem Rechtsbuch der Kirche im Mittelalter wurde, und engagierte sich im Investitur-Streit, wo er sich für Mäßigung auf beiden Seiten einsetzte. Er war ein sanfter, aber konsequenter Reformer, der sich immer wieder durch den Versuch der Vermittlung zwischen konträren Standpunkten hervortat. Er starb 1115 oder 1116. Sein Festtag ist der 23. Dezember. (Keine wesentliche Verbesserung für mein Geburtstagsgeschenkeproblem, offensichtlich.)

St. Ivo von Hélory

Geboren am 17. 10. 1253 in Kermartin, nahe Tréguier in der Bretagne, gilt er, der selber Jurist war, als Schutzpatron der Rechtsanwälte und Richter. Er studierte in Paris und Orléans. Es heißt, schon als Student habe er ausgesprochen asketisch gelebt und viel gefastet. Ab 1262 wurde er als Richter an kirchlichen Gerichten tätig, wo er sich schnell den Ruf absoluter Unvoreingenommenheit und Unbestechlichkeit verschaffte. Ganz besonders nahm er sich der Rechte der Armen an und bemühte sich, Streithähne möglichst zur außergerichtlichen Einigung zu bewegen. Erst 1284 wurde er zum Priester geweiht, gab seine richterliche Tätigkeit auf und widmete sich nun ganz seiner Gemeinde, Tredrez, und ab 1292 Lovanec. Dort ließ er ein Krankenhaus bauen, in dem er sich persönlich der Kranken annahm. Auch wird berichtet, daß er seine Kleidung mit den Armen teilte und sie oft in seinem Bett übernachten ließ. Er starb nach langer Krankheit am 19. 05. 1303. Dieser Tag wurde deshalb auch zu seinem Festtag. (Klingt schon besser, aber da mein Hochzeitstag der 11. Mai ist, mein Sohn am 16. Mai Geburtstag hat und meine Schwiegermutter am 17. Mai, ist das auch nicht so toll.)

St. Ivo

Er ist eine wohl rein legendäre Figur. Im Jahr 1001 wurden in St. Ives (einem Dorf in der Nähe von Huntingdon, das vorher den wenig eindrucksvollen Namen "Slepe" trug) vier Tote entdeckt, von denen einer mit Bischofsinsignien begraben worden war. Durch den Traum eines Bauern wurden diese Gebeine als die des persischen Bischofs Ives oder Ivo identifiziert, von dem die Legende erzählt, er sei nach England gekommen, um dort bis zu seinem Tod als Einsiedler zu leben. Die Gebeine wurden nach Ramsey Abbey überführt, und schon bald gab es die ersten Wunder. Vor allem eine Quelle, die in der Nähe der Reliquien entsprang, sollte nun Heilkräfte haben. Etwa hundert Jahre später soll eines Nachts ein Lichtstrahl zwischen Ramsey und Slepe erschienen sein. Daraus schloß man, daß die Reliquien von Ivos drei Begleitern nach Slepe zurückkehren sollten. So entstand dort ein Ableger der Abtei von Ramsey und beide Orte konnten am Heiligenkult verdienen. Der Festtag dieses Heiligen ist der 24. April. (Irgendwie ist er mir, nicht nur wegen der günstigen Lage des Namenstages, der liebste von den dreien: eigentlich weiß man gar nichts über ihn, aber noch als Toter hat er es geschafft, gleich in zwei Orten den Tourismus anzukurbeln. Irgendwie sehr sympathisch. Vielleicht sollte man ihn ja zum Schutzpatron der Stadtfüher ernennen?!)