6. Die Legende von Albertus Magnus und dem Kölner Dom

Als der goldene Schrein der Heiligen Drei Könige nach jahrzehntelanger Arbeit endlich vollendet war, da beschlossen die Kölner, daß ihre Könige nun auch eine neue Kirche bekommen sollten, größer und prächtiger als der alte Dom. Es sollte gewissermaßen ein zweiter Schrein um den goldenen im Innern gebaut werden, ein Schrein aus Stein und Glas.

Doch welcher Mensch war in der Lage, ein solches Wunderwerk zu planen? Nicht viele kamen dafür in Frage, und so dauerte es auch nicht lange, bis man sich für einen entschieden hatte: Albertus Magnus, einer der bedeutendsten Gelehrten des Mittelalters, von dem man sogar munkelte, daß er sich auf die Magie verstehe, sollte einen neuen Dom entwerfen.

Der Meister, der hier in Köln lehrte, fühlte sich geehrt und ging eilends ans Werk. Die großartigsten Ideen schwirrten ihm durch den Kopf - voller Eifer breitete er sein Zeichengerät vor sich aus. Doch schon bald verwarf er den ersten Entwurf und versuchte sich an einem zweiten. Dem folgten ein dritter, ein vierter, ein fünfter . . . Keiner schien dem Meister gut und gelungen genug. Von Tag zu Tag wurde er verzweifelter.

Als schließlich auch seine Auftraggeber anfingen, ungeduldig zu werden, da sie endlich Ergebnisse sehen wollten, wußte sich Albertus nicht mehr anders zu helfen: er verbrachte die nächsten Tage mit strengem Fasten und wandte sich in seinen Gebeten an die Gottesmutter Maria um Hilfe.

Tatsächlich erschien sie ihm bald darauf in einer Vision gemeinsam mit zwei antiken Baumeistern, die während der Zeit der Christenverfolgungen umgebracht worden und durch ihren Märtyrertod zu Heiligen geworden waren. Diese beiden zeichneten nun unter Anleitung Mariens den Plan für eine Kirche, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte, an die Zellenwand des Albertus. Kaum hatten seine himmlischen Helfer ihn verlassen, da begann er auch schon damit, diesen Plan bis ins letzte Detail auf Pergament zu übertragen.

Als er schließlich nach vielen Tagen erschöpft den letzten Federstrich gezogen hatte, da verschwand die himmlische Vorlage wie durch Zauberhand von der Mauer. Die Auftraggeber aber waren begeistert. Der neue Dom wurde begonnen und trotz etlicher Schwierigkeiten schließlich auch vollendet. Maria ist übrigens auch heute noch (gemeinsam mit Petrus) seine Schutzpatronin und wacht - mit Erfolg, wie man sieht - darüber, daß ihm nichts allzu schlimmes widerfährt.


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